Artikel in der Neubrandenburger Zeitung, dem Lokalteil des Nordkurier vom 09. Mai 2003
Parken am Pferdemarkt nur noch mit Chip Autofahrer
suchen Ausweichplätze Von unserem Redaktionsmitglied Karl-Heinz Engel Neubrandenburg. Seit
drei Tagen stehen Autofahrer, so sie ihren Wagen auf dem Parkplatz
Pferdemarkt (ehemals Speedway - Harderstadion) abstellen wollen, vor
einer Schranke. Wer
parken will, hat am Einlassautomaten eine Chipkarte zu lösen, erst dann
hebt sich der rotweiße Balken. Parken am Pferdemarkt kostet neuerdings
rund um die Uhr Geld (der Nordkurier informierte). Zum Missfallen der
Autofahrer, die den Platz bisher als Kurz- oder Dauerparker (vor allem
Angestellte von AOK, Rathaus und Bürohaus "Zigarre") kostenfrei genutzt
haben. Eine Monatskarte für sie kostet jetzt 15 Euro. "Das sind 180
Euro im Jahr. Doch was soll man machen", zuckte eine AOK-Mitarbeiterin
mit den Schultern. Andere haben sich darum gleich ein Jahresbillet von
160 Euro beschafft. Ein Großteil der Pkw-Fahrer versuchte jedoch auch
gestern irgendwo im Katharinenviertel oder auf dem Platz an der
Tilly-Schanzen-Straße unterzukommen. Vor dem Netto-Markt soll es
zeitweise richtige Drängeleien gegeben haben. Am Pferdemarkt blieben
dagegen knapp die Hälfte der 310 Stellflächen unbelegt. Dabei kommen
Kurzzeitparker am Pferdemarkt immerhin in den Vorzug, die erste Stunde
gebührenfrei nutzen zu können. Aber, so monierte am Nachmittag ein
Friedländer, das sei zu wenig, um in der Innenstadt in Ruhe einkaufen
zu gehen. Dann könne man gleich ins Zentrum fahren. Ohnehin sei die
Regelung nicht im Sinne des Erfinders, denn "Parkgebühren sind einmal
als Regulativ erdacht worden, um Autokarawanen aus Innenstädten
fernzuhalten", wusste der Mann aus der Nachbarstadt. Mittlerweile seien
sie aber eine pure Einnahmequelle der Kommunen.<< Dauerkarten
ausgegeben" Die 25 Cent Standgebühr, für den, der abends ins Kino will,
sind zwar ein Klacks. Mich stört aber, dass man überall rübergeholt
wird. Mir kommt das wie eine Art Zoll für Auswärtige vor", schimpfte
ein junger Mann aus Sadelkow. Einige Büroangestellte aus der "Zigarre"
gaben unterdessen zu verstehen, dass sie sich mit der Gebühr abgefunden
haben. "Uns bleibt ohnehin keine Wahl", so eine junge Frau zur
Feierabendzeit. So waren am Abend die letzten der insgesamt 270
Dauerparkausweise ausgegeben. An Parkplatzeinnahmen kommt jährlich ein
erkleckliches Sümmchen für die Stadtkasse zusammen. Nach Angaben des
Rathauses beliefen sich die Einkünfte aus den 35 im Stadtgebiet
stationierten Automaten im vergangenen Jahr auf exakt 479 603,48 Euro.
Die Einnahmen vom Pferdemarkt kommen dem Stadtsäckel aber nicht
sogleich zugute. neuwoges, im Auftrag des Rathauses Bewirtschafter des
Platzes, ging zunächst mit rund 190 000 Euro in Vorkasse, um die Anlage
baulich herzurichten und Schranken, Kassenhäuschen und Videoüberwachung
zu installieren, wie Hartmut Meng, Leiter der Serviceabteilung bei
neuwoges, berichtete. Erst wenn die finanzielle Vorleistung abgegolten
ist, kommt die Stadt direkt in den Genuss der Einnahmen. Bei neuwoges
rechnet man im Jahr mit rund 55 000 Euro - brutto allerdings. Die
Bewirtschaftungskosten müssen davon abgezogen werden. In den nächsten
Wochen will neuwoges auch den so genannten Divi-Parkplatz hinterm
Schwanenteich in Beschlag nehmen und ihn mit Schranke und Automaten
ausstatten. Die Tage kostenfreien Parkens sind somit auch dort gezählt.
KOMMENTIERT Es rollt wieder Endlich
ist es soweit - es rollt wieder am Pferdemarkt. Der Verkehr sowieso.
Und nun auch der Rubel. Während hinter dem Rathaus gerade die letzten
kostenfreien Parkplätze verschwinden, greift die Stadt vermittels ihrer
Wohnungsgesellschaft dem Autofahrer in die Tasche. Wer parkt am
Pferdemarkt, muss künftig löhnen. Schaut man in das schlotternde Stadtsäckel, mag man
ja verstehen, dass jede noch so kleine Chance genutzt werden muss, um
diesen Zustand wenigstens ein klein wenig zu mildern. Indes, gerade
beim Parkplatz auf dem Pferdemarkt wird manch ein alteingesessener
Neubrandenburger zornig auf seine Stadtväter. Stand just an diesem
Platz doch einst das Harderstadion. Und in dem traf sich schon vor weit
mehr als 40 Jahren die Weltelite des Speedwaysports. Eine Bahn - exakt
den Maßen der legendären Strecke von Wembley entsprechend – wie es sie
schöner im ganzen Osten nicht gab. Sie wurde platt gemacht mit der
Wende-Walze und mit ihr eine sportliche Tradition, die weiter zurück
reicht als der erste Kanuerfolg eines Neubrandenburgers, als die erste Leichtathletik-Medaille.
Das Licht im Harderstadion werde nicht ausgehen, versprach seinerzeit
der erste Nach-Wendebürgermeister Klaus-Peter Bolick (CDU), bevor nicht
anderenorts eine neue Bahn in Betrieb genommen worden sei. Das Licht
ist längst aus, der Speedwaysport ist tot. Aber jetzt rollt er ja
wieder - nicht etwa der mit Spikes bestückte Speedwayreifen, aber
wenigstens der Rubel. Soviel zum Thema "Versprechen von Politikern".
Hans-Joachim Guth
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